Mitarbeiter:innen als aktive Gestalter:innen der digitalen Transformation
Im letzten Jahr gab es einen großen Digitalisierungsschub, denn viele Firmen mussten sich in kürzester Zeit mit neuen digitalen Tools ausstatten, ihre Prozesse ins Digitale transformieren und aus Distanz miteinander arbeiten. Die Pandemie und die damit folgenden Regeln (Bsp. Home-Office Verpflichtung) zwang die Unternehmen ihre Prozesse und Strukturen umzustellen. Einhergehend damit mussten auch Unternehmen, die die Digitalisierung in den letzten Jahren verpasst haben, digital nachrüsten. Dabei musste nicht nur das Management-Team die neue Komplexität und Vielschichtigkeit meistern, sondern auch die Arbeitnehmer:innen standen vor neuen Herausforderungen.
Um solche Veränderungsprozesse erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, dass die Mitarbeiter:innen in Entscheidungen mit einbezogen und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Letzteresführt nämlich zu Unzufriedenheit und einer schlechten Stimmung im Unternehmen. In dieser Zeit in der die Arbeitswelt immer unsicherer, komplexer und vielschichtiger wird, ist die Stärkung von Selbstmanagement der Mitarbeiter:innen von großer Bedeutung, die durch Mitbestimmung gefördert wird. Bindet man seine Mitarbeiter:innen tatsächlich in Prozesse ein und übergibt Verantwortungen an das Team, entstehtdadurch mehr Transparenz, Entscheidungsschritte werden nachvollzogen und Akzeptanz der Veränderung findet statt. Stellt sich nur noch die Frage: Wie machen ich das genau? Wie kann digitale Transformation durch Mitbestimmung gelingen?
In Organisationen gibt es verschiedene Institutionen (Bsp. Betriebsrat), die die Funktion haben die Arbeitnehmer:innen an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Um Mitbestimmung auf natürliche Weise in eine Organisation zu integrieren, gibt es Formen der Mitbestimmung, die gesetzlich geregelt und ganz sicher sinnvoll sind. Diese wollen wir keinesfalls außer Acht lassen, wollen Dir in unserem Blog jedoch vor allem Ideen liefern, wie Mitbestimmung darüber hinaus funktionieren kann.
„Mitbestimmung umfasst alle Möglichkeiten und Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Arbeitswelt aktiv mitzugestalten.“ (Hans-Böckler-Stiftung, 2021).
Um dir das Thema Mitbestimmung als Erfolgsfaktor für digitale Transformation noch näher zu bringen, möchten wir Dir das Ganze anhand der Einführung neuer digitaler Tools zeigen. Die Komplexität kann hier auf einzelne Tools, die im Team angewendet werden, herunter gebrochen werden. Das Problem ist, dass das Wissen der Teammitglieder über digitale Tools oft auf unterschiedlichem Stand ist. Deshalb stoßen diese oft auf Ablehnung oder Unverständnis. Daher ist es als Führungskraft existenziell für die erfolgreiche Anwendung neuer Tools, aktives Change Management zu betreiben und die Mitarbeiter:innen mit all ihren Widerständen, Unsicherheiten, individuellen Reifegraden aber auch Begeisterung und Befürwortungdurch die Transformation zu begleiten.
Wie kann man also das Team auf den gleichen Stand bringen? Eine Möglichkeit ist es Tandems zu bilden (einen digital Native & einen digitalen Entdecker), die sich unterstützen und ihr Wissen miteinander teilen. Ebenfalls tragen solche und vergleichbare Workshops zu einer Vereinheitlichung des Wissenstandes bei.
In größeren Teams können auch kleine Arbeitsgruppen gebildet werden, die sich mit der Umsetzung von Digitalisierungsprozessen und Tools auseinandersetzen. Gerade die Entscheidung zu Tools sollten die Teammitglieder gemeinsam treffen, denn sie arbeiten damit am Ende am häufigsten und haben hier den richtigen Blick, welche Bestandteile das Tool abdecken soll, damit es zu ihren Bedürfnissen und Aufgaben passt. Beispielsweise können Mitarbeiter:innen eigenständig nach Tools recherchieren und diese in einem Team Pitch vorstellen. Anschließend kann das Team gemeinsam entscheiden, welches Tool es in ihren Alltag implementieren will.
Bei all diesen Prozessen darf das richtige Mindset nicht fehlen. Die Einstellung der Führungskräfte, aber auch der Mitarbeiter:innen sollte sein, dass Mitbestimmung einen enormen Mehrwert für den Erfolg von Veränderungen jeglicher Form darstellt. Zudem sollte die Mitbestimmung in der Unternehmenskultur verankert werden. Ein Beispiel, wie Mitbestimmung grundsätzlich (auch außerhalb digitaler Transformation) im Berufsalltag integriert werden kann, kommt aus unserem Innovation Kit: Das Delegation-Poker.
Das Ziel des Delegation Pokers ist es, Verantwortlichkeiten differenziert und iterativ zu delegieren sowie eine Entlastung und Transparenz für die Teilnehmenden zu schaffen. Zu Beginn überlegt das Team, welche relevanten Szenarien, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen, im täglichen Miteinander auftauchen. Für jedes dieser Szenarien wird anschießend eine Runde gepokert. Dabei spielt jeder der Beteiligten die Karte mit der Delegationsebene, die seiner Meinung nach am besten zutrifft. Nachdem alle ihre Karten offengelegt haben, begründen die Spieler mit den höchsten und niedrigsten Werten ihre Entscheidung. Im Anschluss wird so lange eine neue Runde gepokert bis schlussendlich ein Konsens erzielt werden kann. Die Karten werden dabei immer aus der Perspektive des „Entscheidungsgeber“ gespielt. Die verschiedenen Delegationsebene lauten:
- Mitteilen: Ich entscheide und informiere euch
- Begründen: Ich entscheide, aber ich begründe euch meine Entscheidung
- Konsultieren: Ich hole eure Meinung ein und entscheide dann selbst
- Einigen: Wir entscheiden uns gemeinsam auf eine Entscheidung
- Empfehlen: Ich gebe Empfehlungen, aber ihr entscheidet
- Nachfragen: Ich frage nach, nachdem ihr entschieden, habt
- Delegieren: Ihr entscheidet allein und müsst mich nicht informieren
Dieses Spiel führt dazu, dass es einen Konsens über die Mitbestimmung im Team gibt, Rollen und Verantwortlichkeiten klar definiert sind und im Nachgang je nach Szenario auch selbstverantwortlich gearbeitet wird.
Im Allgemeinen führt Mitbestimmung zu einer direkteren Kommunikation mit und zwischen den Teammitgliedern. Außerdem werden die Transparenz und die Effektivität im Team erhöht, denn alle kennen das Ziel und haben gemeinsam die Entscheidungen im Prozess getroffen. Zudem wird die Übernahme von Verantwortung als auch die Akzeptanz von Veränderungen seitens der Mitarbeiter:innen dadurch erhöht. Und nicht zuletzt fördert eine Führungskraft durch die Schaffung von Mitbestimmungsmöglichkeiten ihrer Teammitglieder nicht nur deren Potenzialentfaltung, sondern sorgt darüber hinaus auch dafür, ihre eigenen Ressourcen sowie die des Teams effizient zu verteilen. Das Delegation Poker sowie Themen-Tandems sind 2 konkrete Möglichkeiten dafür zu sorgen.
Und jetzt bist Du dran: Geh einmal in Dich und reflektiere den Grad der Mitbestimmung in digitalen Veränderungsprozessen Deiner Organisation. Was wird diesbezüglich schon gemacht? Wo gibt es Nachholbedarf? Und wie könnte der aussehen? Wir freuen uns mehr über Eure Erfahrungen zu dem Thema!
Literatur:
Hans-Böckler-Stiftung (2021). Was ist Mitbestimmung?. Zuletzt abgerufen am 21.07,2021 unter: https://www.imu-boeckler.de/de/was-ist-mitbestimmung-17364.htm